Das Reiche herz europas und was die Habsburger beitrugen
Die Zeit als Margarete von Österreich im heutigen Flandern die Habsburger Stadthalterin war, festigte den Wohlstand dieses Landstrichs. Eine kleine Zeitreise durch Mechelen und Umgebung.

Mechelen entwickelte sich um 1500 zu einer der bedeutendsten Städte im heutigen Belgien. Durch ihre strategische Lage zwischen Brüssel, Antwerpen und Löwen wurde sie zu einem wichtigen politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Knotenpunkt. Die Stadt profitierte vom Handel, insbesondere mit Tuchwaren, und erlebte unter der Herrschaft der Burgunder und später der Habsburger eine regelrechte Blütezeit. Spuren dieser Epoche sind bis heute im Stadtbild sichtbar, etwa die imposante St.-Rombouts-Kathedrale, deren Bau um 1500 weitgehend abgeschlossen war.
Politisch war Mechelen in dieser Zeit von zentraler Bedeutung: 1477, nach dem Tod Karls des Kühnen, kam die Stadt durch die Heirat von Maria von Burgund mit Maximilian I. an das Haus Habsburg. 1490 wurde Mechelen von Kaiser Friedrich III. zur „Edlen Grafschaft“ erhoben und somit eine der 17 niederländischen Provinzen. Besonders unter Margarete von Österreich – die ab 1507 als habsburgische Statthalterin der Niederlande in Mechelen residierte – wurde die Stadt zum Regierungssitz und Zentrum der habsburgischen Verwaltung.

Margarete von Österreich - die Stadthalterin der Habsburger
Mit der Hochzeit von Maria von Burgund und Maximilian I. von Habsburg ging das burgundische Erbe, und damit auch Mechelen, an das Haus Habsburg über. Die Habsburger regierten in der Folge über
die Niederlande und nutzten Mechelen aufgrund seiner Infrastruktur und Lage als politisches und juristisches Zentrum.
Besondere Bedeutung erlangte Mechelen unter Margarete von Österreich (1480–1530). Sie war zuerst als Regentengattin und später als Statthalterin eine der wichtigsten Persönlichkeiten der Habsburger in den Niederlanden. Ab 1507 residierte sie dauerhaft in Mechelen, machte die Stadt zum Zentrum humanistischer Gelehrsamkeit und ließ einen Renaissancehof errichten, an dem Künstler und Intellektuelle aus ganz Europa zusammenkamen. Auch der spätere Kaiser Karl V. wuchs unter ihrer Vormundschaft in Mechelen auf.
Die Habsburger trugen ab dem späten 15. Jahrhundert durchaus zum Wohlstand der Niederlande bei – allerdings eher als Bewahrer günstiger Rahmenbedingungen, denn als eigentliche „Motoren“ des Aufschwungs.
Bereits vor der habsburgischen Herrschaft war die Region durch ihre geographische Lage, den internationalen Handel, die florierende Textilindustrie und ihre urbane Wirtschaftsstruktur sehr wohlhabend. Die Habsburger sicherten und stabilisierten diesen Wohlstand nach dem Erbgang durch Maria von Burgund und Maximilian I., indem sie politische Stabilität gewährleisteten: Relative Rechts- und Münzstabilität, Schutz von Eigentum und die Förderung des Handels blieben erhalten.
Die Gründe für den Reichtum Mechelens und Umgebung

Internationaler Handel und zentrale Lage
Die Niederlande lagen an einem Schnittpunkt bedeutender Handelswege zwischen Nordsee, Rhein und Schelde, was sie zur Drehscheibe für Güter aus England, Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien machte. Besonders Antwerpen stieg zum wichtigsten nordwesteuropäischen Handelshafen auf. Der Umschlag von Luxuswaren, Textilien, Gewürzen und Metallen florierte hier.
Urbane Wirtschaftskraft und Gewerbefleiß
Die Region hatte bereits im 15. Jahrhundert eine der höchsten Urbanisierungsraten Europas. Städte wie Mechelen, Brügge und Antwerpen waren dicht besiedelt und hochentwickelt. Aus der Landwirtschaft vertriebene Menschen fanden in den Städten Arbeit, vor allem im Tuch- und Textilgewerbe sowie als Handwerker. Die starke Stellung der Zünfte und Gilden sorgte zudem für hohe Qualitätsstandards.
Innovation und Arbeitsteilung
Die Tuch- und Textilindustrie florierte: Man wechselte von lohnintensiven Massenwaren auf hochwertige Produkte (z.B. feine Tuche). Der Kapital- und Arbeitsmarkt war vergleichsweise offen, Meister und qualifizierte Arbeiter bestimmten die Produktion, Innovation und Gewerbefreiheit waren hoch. Das Ergebnis: Absatzmärkte reichten bis nach Italien und Spanien.
Landwirtschaft und Spezialisierung
Obwohl die Region wegen ihrer Geografie nicht besonders ertragreich für Getreideanbau war, spezialisierte man sich z.B. auf Viehzucht, Milchwirtschaft sowie Brau- und Salzindustrien. Importiertes Getreide aus Frankreich und dem Ostseeraum sicherte die Versorgung und erlaubte eine starke Konzentration auf industrielle Produktion und Handel.
Relativ hohe Löhne und Konsumniveau
Durch Arbeitskräftemangel (Folgen der Pest), hohe Gewerbedichte und Wohlstand lag das Einkommensniveau vielerorts über dem europäischen Durchschnitt. Kleine Produzenten und Handwerker waren wirtschaftlich relativ unabhängig, was den Binnenmarkt weiter ankurbelte.
Politische Stabilität und institutionelle Rahmenbedingungen
Im Übergang von den Burgundern zu den Habsburgern herrschte relative Rechtssicherheit, stabile Münzpolitik und Schutz der Eigentumsrechte. Märkte und Banken entstanden, was Innovation und Kapitalfluss begünstigte.
Was ist heute noch erhalten?

Margaretes Schaffen und Wirken prägen Mechelen und das kulturelle Erbe Europas bis heute auf vielfältige Weise:
Architektur und Stadtbild
Ihr Renaissancepalast, der „Hof von Savoyen“, war das erste Gebäude dieser Art in den damaligen Niederlanden. Er steht noch heute in Mechelen und gilt als architektonische Landmarke der Stadt. Der Palast sowie sein Garten sind historische Attraktionen, auch wenn sie öffentlich nicht mehr zugänglich sind.
Zahlreiche weitere Gebäude in Mechelen, darunter prachtvolle Zunfthäuser und Kirchen, zeugen noch heute von der Blütezeit unter Margaretes Regentschaft und machen die Stadt zu einem Ziel für kulturhistorisch Interessierte.
Kunst, Musik und Kultur
Margarete war eine große Mäzenin, sammelte Kunstwerke und förderte zahlreiche Künstler und Humanisten. Ihr berühmtes Chorbuch mit mehrstimmiger Musik wird im Stadtarchiv von Mechelen als „flämisches Spitzenstück“ aufbewahrt. Ihr Hof war ein Zentrum des Humanismus und zog Persönlichkeiten wie Erasmus von Rotterdam und Josquin Desprez an. In Mechelen finden regelmäßig kulturhistorische Veranstaltungen und Führungen „auf den Spuren von Margarete“ statt, wodurch ihr kulturelles Erbe weiterhin lebendig bleibt.
Politische und diplomatische Bedeutung
Margarete setzte als Statthalterin Maßstäbe für weibliche Herrschaft im Europa der Renaissance. Sie war an zentralen diplomatischen Erfolgen beteiligt, etwa beim „Damenfrieden von Cambrai“ 1529 und vertrat als Regentin und Erzieherin ihres Neffen Karl V. die Interessen der Niederlande mit einer diplomatischen Weitsicht, die bis heute anerkannt wird...
Der Grote Markt
Der Grote Markt von Mechelen ist ein einzigartiges Ensemble aus historischer Architektur. Zwischen Rathaus, Kathedrale und stolzen Bürgerhäusern spiegelt sich die lange Geschichte der Stadt wider: von ihrer Blütezeit unter den Habsburgern bis in die Gegenwart.
Der Grote Markt ist das historische und lebendige Herz von Mechelen. Dieser zentrale Marktplatz wird von monumentaler Architektur und einer Reihe eindrucksvoller Bürgerhäuser umgeben, die die Geschichte und den Reichtum der Stadt widerspiegeln.
Um den Platz reihen sich prachtvolle Fassaden aus vier Jahrhunderten. Die Bauten stammen überwiegend aus der Renaissance (16. Jh.), dem Barock und Rokoko (bis ins 18. Jh.). Charakteristisch sind Treppengiebel, reiche Ornamentik, Gauben und historische Fassaden mit bunten Farben und Zunftzeichen...
Text und Fotos zusammengestellt von Marco Vanek im Rahmen der Radreise Flandern, die im Sommer 2025 stattfand.
Impressionen von der Radreise Flandern, Sommer 2025
Von Mechelen aus erkundeten für verschiedene Regionen Flanderns, kleinere Städte wie Lier, aber auch größere wie Antwerpen, Löwen und Brügge. Wir erfreuten uns über die ausgezeichnete Radinfrastruktur, herrlich angelegte Radwege an Kanälen und Flussufern sowie über die kulinarischen Köstlichkeiten der Region. Wir fuhren eine Zeit lang durch den Nationalpark Wälder von Brabant und andere Naturschutzgebiete und entlang der Ostseeküste von Oostende nach Blankenberge mit seinen gemütlichen Seebädern. Immer wieder entkamen wir den sommerlichen Regenschauern, in dem wir rechtzeitig Halt machten in einem gemütlichen Café, Pub oder im Museum... / Fotos: Marco Vanek