Asturien:

Eine Reise mit Bus und Bahn durch das Grüne Spanien

Asturien hebt sich vom restlichen Spanien besonders durch seine üppig grüne Landschaft, das feuchte ozeanische Klima und tief verwurzelte Traditionen ab, die sich deutlich von den südlicheren, touristischeren und oft sonnigeren Regionen des Landes unterscheiden. Eine Frühlingsreise durch Spaniens Norden.

Kaum ein anderer Landstrich Spaniens überrascht so sehr wie Asturien. Schon bei der Ankunft fällt auf: Statt trockener Steppe und weiß getünchter Dörfer dominiert hier leuchtendes Grün, zerklüftete Berge und das frische Aroma von Meer und Wäldern. Unsere Reise beginnt am Fuße des Gebirges Picos de Europa. Schnell wird uns klar,  was Asturien so anders macht als den restlichen Süden oder Osten des Landes.

 

Picos de Europa: Das wilde Herz Asturiens

Die Bergkette erhebt sich schroff über sanfte Täler, durchzogen von schmalen Pfaden, grünen Weiden und tosenden Flüssen. Unsere Wanderungen führen vorbei durch dichte Wälder, an Almen, auf denen noch Käse in uralten Höhlen gereift wird – eine Tradition, die in Spanien einzigartig ist. Oben in Hochplateaus des Gebirges sind Adler, Wölfe, und sogar Bären zu Hause. Es duftet nach Erde, nach frisch gemähtem Gras und nach dem Regen, der das saftige Grün erst möglich macht. Mit jedem Schritt scheint das restliche, sonnenverliebte Spanien sich immer weiter zu entfernen...

 

Cangas de Onís: Wo Geschichte und Kultur lebendig werden

Wir übernachten fast eine Woche im charmanten Cangas de Onís. Dort fällt uns der Kontrast zu anderen spanischen Orten besonders auf. Neben dem Ortszentrum steht die alte römische Brücke, über die einst die asturischen Könige schritten – Zeugen einer stolzen Vergangenheit. Die Märkte und Geschäfte sind voll von lokalen Produkten: würzige Käsesorten, deftige Eintöpfe wie die „Fabada Asturiana“ und natürlich frischer Sidra, der kunstvoll aus der Höhe in Gläser gegossen wird – das Ritual des „Escanciado“ ist ein Spektakel für sich. Die Menschen sprechen nicht nur Spanisch, viele nutzen die asturische Sprache und sind stolz auf ihre eigenständige Identität.

 

Ribadesella: Zwischen Klippen, Tradition und Atlantikwellen

An der rauen grünen Küste liegt Ribadesella – kein klassischer Badeort mit Liegestühlen und Bettenburgen, sondern eine malerische Hafenstadt, umgeben von dramatischen Felswänden und feinsandigen Stränden. Fischerboote tanzen im Atlantik, Sidra-Bars laden zum Verweilen ein, und in den Höhlen vor der Stadt entdeckt man eiszeitliche Felszeichnungen. Statt Massentourismus aus England, Deutschland oder den skandinavischen Ländern gibt es authentisches Küstenleben, gastfreundliche Einheimische und Aktivitäten wie Surfen, Wandern oder Kanufahren auf dem Sella-Fluss. 4 von 5 Tourist:innen kommen aus Spanien selbst, hauptsächlich aus Madrid, Barcelona und Andalusien.

 

Fazit: Ein anderes Spanien

Asturien unterscheidet sich fundamental von vielen anderen spanischen Regionen: Das Klima ist feucht, die Landschaft sattgrün und bergig, die Kultur ist tief vom keltischen Erbe und regionalen Eigenheiten geprägt. Hier ticken die Uhren langsamer, Gemeinschaft und Naturverbundenheit sind spürbar, das kulinarische Angebot kräftig und urwüchsig. Die Region setzt nicht auf Sonne und Pauschaltourismus, sondern auf Authentizität, gelebte Tradition und die Schönheit wilder Natur – ein Spanien für Entdeckerinnen und Entdecker, das besonders in Erinnerung bleiben wird. 

Einfluss der Landschaft auf die Lebensweise im Norden Spaniens

Die einzigartige, grüne und kontrastreiche Landschaft Asturiens prägt die lokale Lebensweise auf vielfältige Weise:

Die Menschen in Asturien sind seit Generationen eng mit ihrer natürlichen Umgebung verbunden. Viehwirtschaft, traditionelle Schaf- und Rinderhaltung sowie nachhaltige Almwirtschaft sind direkte Anpassungen an die grünen Täler, die bergigen Hochweiden und die waldreichen Gebiete. Viele lokale Produkte – wie der berühmte Cabrales-Käse oder der Gamonéu – werden immer noch in Höhlen oder kleinen Dorfkäsereien in den Bergen hergestellt. Ein Drittel der Region steht unter Naturschutz. Dies fördert nicht nur eine nachhaltige Lebensweise, sondern prägt auch den Alltag: Bewohner:innen passen ihre landwirtschaftlichen Praktiken an, schützen bedrohte Tierarten wie Braunbär, Wolf oder seltene Vogelarten und pflegen die Bewirtschaftung der traditionellen „Brañas“ (Bergweiden) nach alten Regeln.

 

Die typische Bauweise, wie die „Hórreos“ (auf Stelzen stehende Vorratslager), schützt Lebensmittel vor Feuchtigkeit und Wildtieren – eine direkte Antwort auf das feuchte Klima und die Tierwelt.  Die Landschaft bestimmt auch das Freizeitverhalten. Wandern, Naturbeobachtung, Fischerei und traditioneller Bergsport sind feste Bestandteile des Alltags. 

Die zerklüftete Landschaft und verstreute Dörfer fördern einen starken Gemeinschaftsgeist. Nachbarschaftshilfe und enge soziale Bindungen sind notwendig, um das Leben in abgelegenen Regionen zu meistern. Traditionelle Handwerkskünste und Bräuche werden innerhalb dieser Gemeinschaften intensiv gepflegt und weitergegeben.

Impressionen von der Reise mit Zug und Bus nach und durch Asturien, Mai 2025

Die Hin- und Rückreise machten wir am Landweg, über 5000 km mit Bus und Bahn. Bis auf einen kleinen Abschnitt in Deutschland verlief die An- und Abreise wie am Schnürl. Fünf Nächte verbrachten wir am Fuße des Pico de Europa im charmanten Dorf Canga de Onis und fünf Nächte im Küstenstädtchen Ribadesella, direkt am Atlantik.
Fotos: Marco Vanek, Paula Pichler, Barbara Vanek