Schützt den Luchs

Durchs reich der luchse

Auf Streifzug durch die Wälder des Reichraminger Hintergebirges im Nationalpark Kalkalpen. Wieso es notwendig ist, den Luchs gerade in Oberösterreich zu schützen. Antworten dazu bekamen wir auf unseren NaturGEHsprächen mit Hermann Jansesberger durch das wilde Hintergebirge.

Hermann Jansesberger erzählt spannende Geschichten über das Leben der Luchse
Hermann Jansesberger erzählt spannende Geschichten über das Leben der Luchse

Hermann Jansesberger ist Ranger im Nationalpark Kalkalpen und begleitete uns im Juli auf unserer kleinen Reise durch den entstehenden Urwald. Seit einigen Jahren leben dort wieder Luchse. Zu sehen haben wir keine dieser Großkatzen bekommen, aber viel erfahren über ihr Leben und ihre Eigenarten.

Der Luchs ist die einzige Großkatze der Alpen. Ausgedehnte, ruhige Wälder mit hohem Wildbestand sind seine Ansprüche an einen geeigneten Lebensraum. Der Waldnationalpark gehört zu den größten zusammenhängenden Waldgebieten in Oberösterreich und ist für den Luchs ein idealer Lebensraum. 

 

Wie alle Raubkatzen ist der Luchs stets auf Deckung bedacht. Er meidet offene Landschaften und menschliche Siedlungen. Nur fallweise und in der Paarungszeit ist er auch tagaktiv. Mit der Dämmerung startet er seine ausgedehnten Streifzüge. Nicht selten bewältigt er in der Nacht Distanzen von über 20 Kilometer. Dabei prüft er die Luft, spitzt seine gepinselten Ohren und bei erfolgversprechender Jagd legt er sich in Katzenart spontan auf die Lauer. Seine Stärken sind Lautlosigkeit, scharfe Augen und ein bemerkenswertes Gehör: Luchsaugen reagieren sechsmal so empfindlich auf Licht wie Menschenaugen und das Rascheln einer Maus hört er auf 70 Meter Entfernung, Rehe sogar bis 500 Meter. Seine Haarbüschel an den Ohren helfen ihm, eine Lautquelle optimal zu orten und seine bevorzugte Beute sind Rehe und Gämsen. Doch sein Speisezettel ist lang und selbst kleine Vögel, Mäuse oder Füchse sind durchaus mit auf der Liste. 

 

Luchse leben zwar einzelgängerisch, stehen aber stets in sozialem Kontakt miteinander. Die Reviere der Weibchen grenzen aneinander, die der Luchsmännchen überlagern meist zwei der Weibchenreviere. Luchse kommunizieren ähnlich wie auch Hauskatzen mit Duftmarken an Markierstellen und tauschen so Informationen aus. Auffällig ist die Ausscheidung großer Mengen von Schwefel im Luchsurin. Luchse entnehmen den Duftmarken ihrer Artgenossen Informationen über das Individuum, dessen Geschlecht, Vitalität und Dominanz.

Schwierige Rückkehr

Nachdem der Luchs in Mitteleuropa schon fast ausgerottet wurde, keimt doch die leise Hoffnung, dass er wieder ein sicherer Teil unserer Tierwelt wird. Die international geschützten Bestände bauen sich äußerst langsam und nur mit menschlicher Mithilfe wieder auf. In Österreich ist es sehr unsicher, ob daraus eine Erfolgsgeschichte werden kann. Der Luchs ist ein schlechter Kolonisator, denn seine Ansprüche an ein Revier sind hoch. Darüber hinaus sind die Bestände in Österreich für einen nachhaltigen Aufbau und die Sicherung der Luchspopulation in Österreich derzeit noch viel zu isoliert. Die Populationen des Nordens, im Grenzraum von Bayern, Tschechien und Österreich, haben zu der kleinen Population im Nationalpark Kalkalpen und zu den manchmal einwandernden Tieren aus Slowenien im Süden quasi keinen Kontakt. Die Naturschutzorganisationen WWF Österreich und der Naturschutzbund Österreich warnen daher vor einer Zukunft ohne Europas größter Katzenart in Österreich.

 

Der momentane Umstand führt zu großen Inzucht-Problemen. Für eine dauerhafte Rückkehr bedarf es eines ernsthaften und nachhaltigen Bestandsschutzes und eines Nord-Süd-Korridors, damit sich Luchse barrierefrei ausbreiten können. Die Luchse in den Nördlichen Kalkalpen bilden einen „Brückenkopf“ zur Luchspopulation im Böhmerwald und zum Alpen-Karpaten Korridor und ihr Überleben ist daher von europaweiter Bedeutung. Zur Bestandsstützung der Luchse wurden 2011 und 2013 die Luchsweibchen Freia und Kora sowie das Luchsmännchen Juro aus der Schweiz in den Nationalpark Kalkalpen umgesiedelt.

Die Luchsin Kora auf einen ihrer Streifzüge durch den Nationalpark Kalkalpen. BesucherInnen bekommen die scheue und nachtaktive Katze nur in äußerst seltenen Situationen zu Gesicht / Foto: Kronsteiner, NP Kalkalpen
Die Luchsin Kora auf einen ihrer Streifzüge durch den Nationalpark Kalkalpen. BesucherInnen bekommen die scheue und nachtaktive Katze nur in äußerst seltenen Situationen zu Gesicht / Foto: Kronsteiner, NP Kalkalpen

Anhand der Daten ihrer Halsbandsender konnten interessante Rückschlüsse auf den Aufenthalt und das Verhalten der Luchse gewonnen werden. 2012 und 2013 gab es Luchsnachwuchs und mit ihm keimte die Hoffnung auf die erste Luchspopulation in den österreichischen Alpen seit ihrer Ausrottung vor 150 Jahren. Doch seit dem Jahr 2013 verschwanden plötzlich die Luchsmännchen Klaus, Pankraz, Juro und Jago sowie die Luchskatze Freia auf mysteriöse Weise. Da Luchsmännchen zur Paarungszeit die Weibchenreviere niemals freiwillig aufgeben würden, keimte schnell der Verdacht, dass das Verschwinden der Luchse durch illegale Abschüsse herbeigeführt wurde. Der wiederholten Androhung von Abschüssen folgten schließlich gerichtlich erwiesene Ausführungen von Straftaten durch ein Linzer Jäger-Ehepaar, das sich Jagdabschüsse in den Wäldern des Baufonds der Katholischen Kirche in Weyer, knapp außerhalb des Schutzgebietes, gekauft hatte. Als Ersatz für die beiden illegal getöteten Luchse wurden im März 2017 wieder zwei Luchse freigelassen. Trotz dieser Wiederansiedelung stagniert die Zahl der Luchse in den Nördlichen Kalkalpen. In den Jahren 2015, 2016, 2017 gab es keinen Nachweis von Reproduktionen. 2018 konnte einmal ein einziges Jungtier nachgewiesen werden. Über dessen Verbleib weiß man jedoch nichts. 2019 konnten wiederum keine Jungtiere bestätigt werden. Derzeit haben sechs Luchse ihre Reviere im Nationalpark Kalkalpen. Aus fachlicher Sicht viel zu wenige Tiere, um eine stabile Population zu etablieren. 


aktuelle Infos aus:  Vielfalt Natur, Magazin des Nationalparks Kalkalpen, August 2020