Rijeka

Kultur als statement gegen den nationalismus

Noch bis zum April 2021 ist Rijeka Europäische Kulturhauptstadt. Mit Kulturprojekten und -poltik erfindet sich die darniederliegende Hafenstadt neu.

Rijeka ist schon eine seltsame Stadt, meint die Schriftstellerin Tea Tulic in einem Filmbeitrag auf 3stat. Schließlich würde sich ihre Geburtsstadt dem Besucher und die Besucherin nicht in Richtung Meer öffnen, sondern sich viel eher hinter einer Art "Rust Belt" zur Küste hin verstecken. Dennoch: heuer und bis April 2021 ist Rijeka eine der europäischen Kulturhauptstädte. Viele Veranstaltungen mussten abgesagt werden, einige werden verspätet fertig gestellt und das Kulturhauptstadt-Budget wurde um die Hälfte gekürzt. 

 

Die Eröffnung im Februar wurde zugleich auch die Schlussveranstaltung, wie Musiker Goran Tomic mit Galgenhumor bemerkt. Denn viel war seither nicht mehr möglich. Statt der erhofften einen Million BesucherInnen kamen 2020 ganze 16.000. Ein Besuch lohnt sich dennoch in der Stadt, die auch als jene in die Geschichte einging, in der Gabriele D'Annunzio als Vorreiter des italienischen Faschismus auftrat.  

 

Rijeka versteht sich aber heute als Stadt des Antifaschismus. Auch bei den letzten Wahlen am 12. Juli dieses Jahres dominierten hier wieder die Sozialdemokraten. Der Eröffnung der Kulturhauptstadt im Februar blieben die konservativen, nationalistisch ausgerichteten Staatsoberhäupter Kroatiens fern. Schade, meint Bürgermeister Vojko Obersnel - es sei ein fulminantes Fest gewesen.

Eröffnungskonzerte und -projekte im Februar 2020
Eröffnungskonzerte und -projekte im Februar 2020

 

 

In Rijeka ist der Kulturbegriff nicht gleichbedeutend mit römischen Ruinen oder historischen Bauten wie in Dubrovnik. Hier will man sich mit seiner postindustriellen Vergangenheit auseinandersetzten. Die Pandemie ist für ihn kein Grund zur Verzweiflung – schließlich sei man in Rijeka schwierige Zeiten gewohnt. Und das Kulturhauptstadt-Jahr böte eine Chance, sich den Traumata der Vergangenheit zu stellen, so Ex-Punker Ivan Šarar.

 

Allein im letzte Jahrhundert hat die Stadt sieben unterschiedlichen Staaten angehört – von der österreichisch-ungarischen Monarchie über das kommunistische Jugoslawien bis hin zur heutigen  Republik Kroatien: in der Stadt begegnet man auf Schritt und Tritt zahlreichen Zeugnissen der Geschichte.

 

Manche davon liegen auch vor Anker: Die Galeb, Titos Staatsjacht,  wird zum Museum umfunktioniert, zahlreiche Industriebrachen werden jetzt in Kulturinstitutionen umgewandelt. 

Titos schwimmender Amtssitz - die GALEB - wird in den Hafen zur Renovierung gezogen / alle Fotos: www.rijeka2000.eu
Titos schwimmender Amtssitz - die GALEB - wird in den Hafen zur Renovierung gezogen / alle Fotos: www.rijeka2000.eu

 

 Wenn uns Corona wieder keinen Streich bei der Reiseplanung macht, fahren wir zu Ostern 2021 nach Rijeka. Eins ist gewiss: die Stadt bleibt lässig, egal als amtierende aktuelle Kulturhauptstadt oder auch ohne Titel...