Dänemark

Gemeinsam und schöner wohnen

Das Wohndorf Munksögard bei Roskilde im Nordosten Dänemarks ist ein Musterbeispiel, wie gemeinsames Wohnen auch unter hohem ökologischen Stand verwirklicht werden kann. / Foto: Marco Vanek
Das Wohndorf Munksögard bei Roskilde im Nordosten Dänemarks ist ein Musterbeispiel, wie gemeinsames Wohnen auch unter hohem ökologischen Stand verwirklicht werden kann. / Foto: Marco Vanek

Co-Housing ist in Dänemark seit Jahrzehnten eine bewährte Wohnform. Im Rahmen einer planetREISE durch das skandinavische Land haben wir zwei Projekte besucht. Ein Reisebericht von Doris Eisenriegler mit Fotos von Marco Vanek.

 

Ökodorf Munksögard bei Roskilde

Mein erster Eindruck: Weitläufige Anlage, Naturwiesen, Schafe, Ziegen, Hochlandrinder, Feuchtbiotope als Retentionsbecken gegen

Überschwemmungen. Ja, und eine Pflanzenkläranlage für die Abwässer von 100 Häusern, welche nicht an den öffentlichen Kanal angeschlossen sind. Der

Urin der Bewohner:innen wird in Trenntoiletten gesammelt und als Dünger auf die benachbarten Felder ausgebracht. In Österreich würde so etwas an den

Raumordnungs- und Umweltgesetzen scheitern.

  

Es gibt fünf Wohngruppen zu je 20 Häusern, welche je über ein Gemeinschaftshaus für gemeinsame Aktivitäten verfügen. Es gibt eine

Wohngruppe bestehend aus Einfamilienhäusern im Eigentum, eine als Genossenschaft organisierte Wohngruppe; eine Wohngruppe wird von

Senior:innen bewohnt, wobei auffällt dass die Wohnungen im Obergeschoss über eine Außenstiege, also nicht barrierefrei, erreichbar sind Eine

Wohngruppe gibt es für Jugendliche, eine für Familien, die letzteren drei als Mietobjekte. Ein Gemeinschaftsgarten wird vor allem von den Senior:innen

betrieben, ist aber für alle zugänglich! Alle Holzhäuser wurden umweltfreundlich aus ökologischen Materialien hergestellt. Ein mit Pellets betriebenes Heizwerk sorgt für Nahwärme. Ein bestehender Bauernhof wurde gemeinschaftlich gekauft und beinhaltet jetzt einen Hofladen. Es wurde auf öffentliche  Verkehrsanbindung geachtet, einige Elektroautos stehen für Carsharing zur Verfügung.

 

Die Verwaltung erfolgt in Form von Arbeitskreisen für die einzelnen Bereiche wie Heizung, Kläranlage, Abfall, Wirtschaftsgebäude, Gemeinschaftshäuser,

Organisation von gemeinsamen Aktivitäten usw., sowie in Form von regelmäßig abgehaltenen Treffen der Bewohner:innen der einzelnen Wohngruppen, und

einer Generalversammlung für die gesamte Siedlung. 

 

 

 

 

 

Wohnprojekt Egebakken nahe Hillerröd nördlich von Kopenhagen 

Das Wohnprojekt Egebakken unterscheidet sich wesentlich vom Ökodorf Munksögard. Es versteht sich als für Erwachsene ausgerichtet, bewohnt werden kann es laut Statut des Siedlungsvereins, in dem alle Bewohner:innen Mitglieder sind, erst ab dem 50. Lebensjahr. Die Anlage, bestehend aus 29 unterschiedlich großen Einfamilienhäusern im Eigentum und macht einen sehr großzügigen Eindruck. Weitläufige Grünanlagen zwischen den Häuserzeilen

scheinen weit weg von der hierzulande üblichen „Verdichtung“. Die in einem einheitlichen Stil gehaltenen Häuser sind barrierefrei, viele der derzeit 43

Bewohner:innen sind über 80. Das 160 m2 große Gemeinschaftshaus steht als spontaner Treffpunkt ebenso offen wie für organisierte Anlässe. Die Gemeinschaftsarbeit ist freiwillig, der Betrieb der Infrastruktur wird finanziell von allen Bewohner:innen mitgetragen. Das nächste Geschäft befindet sich in 1,5 km Entfernung, die Busstation in 5 Minuten Fußweg.

 

 

 

Beiden Projekten ist gemeinsam, dass bei eintretender Betreuungs- und Pflegesituation die kommunalen Angebote in Anspruch genommen werden. Es

gibt keine Vereinbarung unter den Bewohner:innen für gegenseitige Hilfeleistung, es sei denn sie erfolgt freiwillig.

 

 

Es gibt in Dänemark eine große Nachfrage nach gemeinsamen Wohnformen und auch schon sehr viele Projekte, wie uns unsere Gesprächspartner:innen

berichteten. In Egebakken beispielsweise haben sie eine lange Warteliste auf freiwerdende Häuser und allein um Roskilde gibt es 25 existierende Projekte,

viele weitere sind geplant.

 

Was sonst noch auffällt: Es gibt kaum E-Räder oder E-Scooter. Die Menschen fahren diszipliniert auf gut ausgebautem Radwegenetz mit durchaus

herkömmlichen bis alten Fahrrädern, die durchwegs unversperrt abgestellt werden. Das Vertrauen in die Mitmenschen und auch eine große Bereitschaft

sich an Regeln zu halten dürfte in der dänischen Bevölkerung vorhanden sein! In den großzügigen neuen Stadterweiterungsgebieten Kopenhagens – vorallem in den alten Häfen – entsteht mutige, ausgefallene aber qualitätsvolle Architektur. Dänemark ist eine Reise wert!

 

Weitere Bilder von unserer Dänemark-Reise Ende Mai 2022 aus Kopenhagen und Umgebung: