
Liebe Reiseinteressierte,
Immer wieder werde ich angesprochen, ob es wegen der demokratiepolitischen Entwicklungen überhaupt noch tragbar ist, etwa in die Türkei, nach Ungarn oder nach Serbien zu reisen? Ich verstehe diese Überlegungen und letztendlich muss jede und jeder selber entscheiden, ob überhaupt und in welches Land man reisen möchte.
Unsere geplanten Reisen in die oben angesprochenen Länder sind aber keine offiziellen politischen Delegationsbesuche. Wir reisen wegen der schönen Natur- und Kulturlandschaft, der Kunstschätze, interessanter Architektur, der gastfreundlichen Menschen… und nicht, weil wir Erdogan, Orban oder Vučić treffen oder ihre politische Arbeit unterstützen möchten. Je strenger wir die politisch-vertretbaren Maßstäbe anlegen, umso weniger Reiseziele kommen in Zeiten wie diesen noch in Frage. Sollen wir überhaupt noch in die Steiermark oder nach Wels reisen, weil dort ein rechter Landeshauptmann bzw. Bürgermeister amtiert oder nach Italien mit der postfaschistischen Ministerpräsidentin oder bald nicht mehr nach Frankreich, wenn dort möglicherweise bald die extreme Rechte das Staatsoberhaupt stellt…?
Natürlich sind gewisse politische Entwicklungen in unseren Reiseländern auch ein Thema bei der Vorbereitung oder der Auswahl der Gesprächspartner:innen. Jede und jeder, der verreist, sollte sich auch informieren über die Politik und Gesellschaft des Gastlandes.
Doch sollte man nicht außer Acht lassen, was Tourismus vor allem für die periphäreren Gebiete unserer Reiseländer bringt:
Oft sind touristische Angebote die einzigen Einnahmequellen in einem Dorf weit entfernt der Metropolen, schaffen Arbeitsplätze, machen die Menschen unabhängiger von den Geldleistungen ihrer Regierungen, bringen den lokalen Wirtschaftskreislauf in Schwung, fördern möglicherweise auch bei den Gastgeber:innen weltoffenere Sichtweisen…
Wenn wir drauf schauen, nicht nur Geld bei regierungsnahen Dienstleistern auszugeben, sondern private Strukturen direkt bedienen und auch vor Ort einkaufen und konsumieren, Guides direkt bezahlen und nicht über regierungsnahe Agenturen, dann können unsere Reisen vielleicht sogar jene stärken, die kritisch ihren Regierungen gegenüberstehen…
Trotz alledem wünsche ich einen reisefreudigen Herbst, wo auch immer dieser hinführen wird.
Liebe Grüße
Marco Vanek
Erschienen als Einleitung zur planetReisepost - Ausgabe September 2025