nationalistischer kitsch
Eine starke orthodox-nationalistische Identität wollte die Vorgängerregierung Mazdoniens ihrer Bevölkerung verschreiben. Unter dem Deckmantel der Konjunkturbelebung beauftragte die Regierung freundschaftlich verbundene Unternehmen mit dem Umbau des Stadtzentrums. Ein Rundgang durch Skopjes Bizarristan.
Solch überdimensionierte pietätlose Architektur, die man bisher nur aus ostasiatischen Autokratien oder futuristischen Wüstenoasen kennt, findet man nun auch mitten auf dem Balkan, in drittklassiger Bauqualität. Denn die Gipskartonfassaden aus leicht entzündlichen Materialien bedürfen nachweislich der brandschutztechnischen Überarbeitung. Neue Brücken mit imperialistisch anmutenden Laternen verbinden die beiden Ufer des Vardar-Flusses, der das postsozialistische und orthodoxe Zentrum von der mittelalterlichen, osmanisch geprägten Altstadt trennt.
Nur knapp 65% der Bevölkerung Mazedoniens sind slawo-mazedonischer Herkunft, knapp ein Drittel ist ethnisch betrachtet albanisch. Aber Skopje besteht auf seine christliche Kultur, die mit dem überdimensionierten „Mileniumski Krst“, dem Kreuz der Jahrtausendwende, auf seinem Hausberg Vodno verdeutlicht werden soll, ein weiteres Symbol einer orthodoxenmuslimischen Segregation. Für eine ethnisch-albanische Kultur hingegen ist sehr wenig Platz.
Und als wäre das pseudo-monumentale refurbishment nicht genug, fielen auch 12 Parks und 35% der Bäume Skopjes – viele davon bis zu 70 Jahre alt – der Renovierung zum Opfer und bescherten der Stadt zugleich eine erhöhte Luftverschmutzung. All das führte dazu, dass sich ein Teil der Bevölkerung nicht beeindrucken ließ und dem Bauwahn ihr eigenes Denkmal setzte: in einer Revolte beschmissen aufgebrachte Bewohnerinnen und StudentInnen die frisch gestrichenen Bauwerke. „Skopje 2014“ fiel den Farbbomben zum Opfer. Schließlich endete der stadtplanerische Spuk mit der Abwahl der Rechtsregierung. Das seit 2017 amtierende Linksbündnis muss nun mit diesem Erbe leben und versuchen das Beste daraus zu machen. Geld für einen Rückbau und gar Abriss ist aber nicht vorhanden. Ganz im Gegenteil: das Land wird noch für Jahrzehnte die Schulden zurückzahlen müssen.
Mehr Informationen über die Hintergründe zum Projekt Skopje 2014 von einer zivilgesellschaftlichen Initiative “Плоштад Слобода” (Pložtad Sloboda, dt. Platz der Freiheit) Mehr unter diesem Link.
Text und Fotos: Marco Vanek
Der Text basierte auch auf Informationen der Webseite: www.humboldt-balkan-kosmos.net