Simmering

WOHNge(H)schichten AUS DER ZEIT DES ROten wienS

Auf unserem Rundgang durch Wien-Simmering haben wir Einblicke genommen in die Baukultur des Gemeindewohnbaus der 1920er Jahre

Der Pelikanbrunnen im Widholz-Hof, einem der ersten Gemeindebauten des Roten Wiens der 1920er Jahre / Foto: Marco Vanek
Der Pelikanbrunnen im Widholz-Hof, einem der ersten Gemeindebauten des Roten Wiens der 1920er Jahre / Foto: Marco Vanek

 

Kurz nachdem Wien ein eigenes Bundesland wurde, begann die Wohnbauoffensive der Stadtregierung. „Innerhalb weniger Jahre wurden zehntausende Wohnungen in ganz Wien errichtet“, erzählt uns Robert Eichhorn, der in Simmering aufgewachsen ist. Die ersten davon entstanden auch in „seinem Grätzel“. Mächtige Ziegelbauten mit den charakteristischen Fassadenformen. Auch fast hundert Jahre später erinnern diese Wohnblocks an die damalige soziale Aufbruchsstimmung im Roten Wien.

 

In der Zwischenkriegszeit waren die Wohnungen ein echter Hit für die mietskaserngeplagten Wiener Arbeiterinnen und Arbeiter. Die neuen Gemeindewohnungen waren ausgestattet mit fließendem Wasser und einem eigenen WC, mit Vorraum und Küche, teils mit kleinen Balkonen, lichtdurchfluteten Innenhöfen, wo noch heute die Bäume der Anfangszeit wachsen. An die notwendige Infrastruktur hatten die damaligen Verantwortlichen auch gedacht: Gemeinschaftswannenbäder, Kindergärten, Volksschulen, Waschsalons, Werkstätten…

Einer der ersten Wohnbauten war der Widholzhof in der Geiselbergstraße 60 bis 64, der zwischen 1925 und 1926 errichtet wurde. Die große, freistehende Anlage mit langen und abgerundeten Balkonen hat eine sehr schöne konstruktivistische Fassade und ist heute noch  ein sehr schöner und stimmiger Bau. In einem der Straßenhöfe steht der „Pelikanbrunnen“ von Alfred Hoffmann. Auch hier waren ein Kindergarten und eine Bücherei untergebracht.

 

Damals bestanden in der Nachbarschaft noch viele kleinere, aber auch größere Industriebetriebe wie die Brauerei Mautner-Markhof oder die Seifenfabrik Alpha. Die BewohnerInnen hatten es nicht weit zu ihren Arbeitsplätzen, rundherum gab es damals noch viele Kleingartenanlagen, die vor allem für die Selbstversorgung mit Gemüse dienten.

 

Auch wenn in den letzten Jahrzehnten die Dominanz der ArbeiterInnenwohnbauten der 20er Jahre abgenommen hat, bilden diese Wohnhöfe noch heute einen fixen Bestandteil der Wohnversorgung im Bezirk. Billigeres Wohnen muss nicht unbedingt mit minderer Qualität verbunden sein…

 

Marco Vanek