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Piran: eine kleine Stadt mit besonderem Charme

Die alte Küstenstadt liegt auf der westlichen Spitze des slowenischen Teils Istriens. Auf unserer Wanderreise durch Istrien im Frühjahr 2019 machten wir hier einen Zwischenstopp.

Foto: slovenia.info/ Barbara Kozar
Foto: slovenia.info/ Barbara Kozar

Bei Tag zeigt sich das mittelalterliche Städtchen Piran von seiner bezaubernden Seite. Griechen, Illyrer, Römer, Venezianer, Habsburger und Slaven, die mit diesem Flecken Erde in Berührung kamen, drückten ihre Siegel auf. Auf dem Hügel über der Stadt thront der barocke St. Georgs-Dom. Der Kirchturm ist eine verkleinerte Kopie des Markusturms in Venedig. Von oben erstreckt sich der Ausblick bis zu den Leuchttürmen hinaus, die istrische Meeresküste entlang.

 Der malerische Charme dieser kleinen Stadt inspiriert schon seit Jahrhunderten zahlreiche Künstler und Künstlerinnen. Der bekannteste war wohl der Violinist Giuseppe Alessandro Feruccio Tartini. Er wurde hier 1692 geboren und ist der Namensgeber des Stadtplatzes, der vor einigen Jahren vom Architekten Boris Podrecca neugestaltet und gleichzeitig verkehrsberuhigt wurde. 

Fotos: Marco Vanek, (rechts) Barbara Kozar (www.slovenia.info)

Der weite Hauptplatz, umkreist von bunten Häusern, ist vom heimischen Architekten Boris Podrecca gestaltet:

Die Gestaltung des Tartini-Platzes ist eine mehrschichtige kulturgeschichtliche Entdeckungsreise in einer spektakulären topografischen Situation. Der Platz entstand an der Stelle eines alten Hafenbeckens, das im Herz der kleinen Stadt lag und mit dem Meer nur durch eine schmale Mündung verbunden war. Die neue Pflasterung des Innen-Platzes nimmt mit ihrer glatten elliptischen Oberfläche das städtische Leben auf, das texturale Passepartout rundherum setzt ein geometrisches Muster, unabhängig von den Architekturkanten, ähnlich Plečniks Hauptplatz auf dem Hradschin in Prag. (Quelle: www.podrecca.at)

Foto: Richard Huber
Foto: Richard Huber

Die Auswahl an Restaurants und Eiscafés ist immer noch bescheiden, obwohl jedes Jahr Tausende von BesucherInnen in die venezianisch geprägte Hafenstadt mit ihren engen Gassen, kleinen Plätzen und zahllosen Torbögen strömen. Vom Massentourismus, wie er sich im nahe gelegenen Portoroz präsentiert, wird das Städtchen aber auch in Zukunft verschont bleiben. Der Hauptgrund dafür ist das Fehlen eines Sandstrandes. Überhaupt verströmt die Küste Pirans spröden Charme. Als Bollwerk gegen herbstliche Sturmfluten wurden weite Teile mit tonnenschweren Betonklötzen befestigt und verbaut. Nur am nordöstlichen Ende der Stadt, am Fuße der Steilküste, über der weithin sichtbar der Campanile des Doms thront, existiert ein steiniger schmaler Naturstrand.

Foto: slovenia.info/Miran Kambic
Foto: slovenia.info/Miran Kambic

Pirans berühmtester Sohn: Giuseppe Tartini

1894 wurde der hinterste Teil des Hafens zugeschüttet und ein repräsentativer Platz entstand, den man nach dem berühmtesten Einwohner Pirans benannte: Hier wurde 1692 der Komponist und Geigenspieler Giuseppe Tartini geboren (gestorben 1770 in Padua). Der Italiener war zum Geistlichen bestimmt, gab sich als junger Abbate in Padua dem Literaturstudium hin und musste sich allerdings wegen einer Liebesheirat als Orchestergeiger in die Provinz begeben. 1721 wurde er in Padua Kapellmeister, darauf war er während drei Jahren Kammermusiker in Prag und kehrte schließlich wieder nach Padua zurück. Zahlreiche namhafte Geiger stammten aus seiner Schule, die massgebend für die Entwicklung des Geigenspiels wurde. Tartini schuf einige der Grundlagen des modernen Violinspiels (Doppelgriff- und Trillerspiel, Flageolett, Kombinationstöne). Dieses rein instrumentaltechnische Niveau wurde für die Musikgeschichte von grosser Bedeutung. Ein heute noch gültiger Leitspruch Tartinis lautet: „Per bon sonare, bisogna bon cantare.“ (Um gut zu klingen, muss man gut singen.) Einige seiner Zeitgenossen empfanden seine Ornamentik in den letzten Werken als überladen. Tartini als Wegbereiter der Klassik sehen zu wollen, trifft nicht ganz zu, war sein Werk doch noch zu stark dem Barock verpflichtet: Das damals gängige Schema – Wechsel von Ritornell und Solopartien – kommt in seinen Werken immer wieder vor. Für sein Instrument komponierte Tartini etwa 160 Sonaten, mit verschiedener Begleitung (die bekannteste ist die „Teufelstrillersonate“), und etwa zweihundert vier- und fünfstimmige Konzerte, in denen die erste Violine immer tonangebend bleibt. Beim Bau des Tartini-Platzes hatte sich die Obrigkeit allerdings um zwei Jahre verspätet, den Platz zum zweihundertsten Geburtstag Tartinis fertig zu stellen. Seither finden darauf viele kulturelle Veranstaltungen statt, die schmucken Häuser rundherum bilden für das Sommerfestival eine schöne Kulisse.

Geschützte Salzgärten

Den im Süden von Portoroz gelegenen, insgesamt 650 Hektar großen Salzgärten verdankt Piran seinen Reichtum. Nicht umsonst wird der Ort deshalb von den Einheimischen die «Stadt, die auf Salz gewachsen ist», genannt. Da die Salzfelder außerhalb der Stadt lagen, wohnten die Bauern während der Saison in den Salinenhäusern, die sich neben den Feldern befanden. Auch heute noch wird hier dem Meerwasser das «weisse Gold» abgetrotzt.

 

Ebenso sehenswert und vor allem unter OrnithologInnen ein beliebtes Ziel sind die inzwischen stillgelegten Salzgärten südlich der aktiven Salinen. Das Gelände wurde 1993 in die Internationale Liste der Ramsar-Konvention aufgenommen und als Naturreservat ausgewiesen. Die ehemaligen Salinen sind ein wichtiges Brut- und Überwinterungsgebiet für Vögel. Insgesamt wurden 253 Arten gezählt, darunter Zwergseeschwalbe, Seeregenpfeifer oder Seidensänger.

Buchtipp: Piran für alle Jahreszeiten

 

Die engen, verschlungenen Gassen der Altstadt und das mediterrane Flair von Piran zogen Christian Lehner in ihren Bann. Immer wieder besucht er die Stadt, um "Meerluft zu schnuppern und seine Batterien wieder aufzuladen“, wie er sagt.

Irgendwann war für den gebürtigen Oberösterreicher, der seit fast 20 Jahren seinen Lebensmittelpunkt in Kärnten hat, klar: Er will mehr sein, als bloß Tourist, und jede Facette Pirans kennenlernen. So entschied er sich dazu, ein Buch über Piran zu schreiben: „Ich habe in erster Linie einen Kulturführer geschrieben, in dem Geschichte, die Kulturgeschichte und die Sehenswürdigkeiten beschrieben werden.“ Da es relativ wenig an Literatur gibt, war Lehner auch auf mündliche Recherchen angewiesen und lernte die Stadt dabei noch besser kennen und lieben.

 

Tartini-Platz - ein öffentliches Wohnzimmer

Gerne genießt Lehner das bunte Treiben der Stadt von einem Kaffeehaustisch am Tartini-Platz aus. Gestaltet wurde der Platz von Boris Podrecca, der auch in Klagenfurt den Neuen Platz gestaltete. Den belebten Platz nennen die Piraner selbst ihr „verlängertes Wohnzimmer."

Lehner: „Das ist meistens besser wie jedes Unterhaltungsprogramm, weil sich von der Früh weg bis weit in die Nacht hinein etwas tut. Angefangen von den Touristenströmen bis zu den Einheimischen und Schulklassen. Am Abend oder im Sommer sogar den ganzen Tag über spielen die Kinder."

„Ganz Piran ist ein Freilichtmuseum“

Die Adriaküste Sloweniens ist zwar nur knapp 46 Kilometer lang, hat aber dafür eine umso wechselvollere Geschichte hinter sich. Der Hafen nahm nicht zuletzt während der venezianischen Herrschaft eine zentrale Rolle für die Piraner Handelsleute ein. Ganz Piran sei ein Freilichtmuseum, dass verschiedene Kulturen auf kleinem Raum zeige, etwa die venezianische Kultur und in der Architektur die Kultur der k&k-Monarchie, so Lehner.

 

Auch im Winter die Sonne genießen

Die Ruhe genießen, abgeschiedene Ecken entdecken und einfach die Seele baumeln lassen: Gerade zur kalten Jahreszeit hat Piran für Christian Lehner einen besonderen Reiz: "Wenn man nicht gerade die Bora erwischt, kann man hier wunderschöne und auch warme Spätherbst- und Wintertage verbringen. Ich war schon öfters zu Silvester hier oder zur Weihnachtszeit. Sobald die Sonne durchkommt, ist es sofort warm, sie hat hier einfach mehr Kraft.“

Seine Liebe zu Piran rostet jedenfalls nicht, davon ist Lehner überzeugt: „Es gibt einfach genug anzuschauen, wieder zu entdecken oder neu zu entdecken." (Quelle: orf.at)

Christian Lechner: Piran für alle Jahreszeiten - mit Ausflügen nach Portoroz, Koper, Izola und in die Naturparks Strunjan und Secovlje

286 Seiten, erschienen im Kral-Verlag 2018, Preis 19,90 EUR